Pantheismus

Pantheismus
Pan|the|ịs|mus 〈m.; -; unz.〉 philosoph. Lehre, dass Gott u. die Welt, die Natur eins seien, dass Gott überall in der Natur sei [<grch. pan „alles, jedes“ + theos „Gott“]

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Pan|the|ịs|mus , der; - [aus griech. pãn (pan-, Pan-) u. Theismus] (Philos., Rel.):
Lehre, nach der Gott in allen Dingen der Welt existiert bzw. Gott u. Weltall identisch sind.
Dazu:
pan|the|ịs|tisch <Adj.>.

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Pantheịsmus
 
[zu griechisch theós »Gott«] der, -, auf J. Toland (»Socianism truly stated. ..«, 1705) zurückgehende Bezeichnung für die sich im Zusammenhang mit der Aufklärung verbreitende Identifizierung von Gott und Welt und die Problematisierung der christlichen Gottesvorstellung; »Gott« wird als unpersönliche Größe und als »sachhaftes« Prinzip der Welt aufgefasst. Von daher ist der Pantheismus häufig als ein im Kontext des Monotheismus entstandenes, neuzeitliches Phänomen angesehen worden. Im Gegensatz dazu wird der Begriff Pantheismus heute meist zur Kennzeichnung aller philosophischen und religiösen Konzepte verwendet, in denen Natur und Welt als göttlich aufgefasst werden. Gemeinsam ist allen pantheistischen Strömungen eine Wendung nach innen; weil alles göttlich ist, kann »Gott« in der gesamten Natur und im eigenen Selbst aufgespürt werden.
 
Schon der griechische Gottesbegriff kennt latent pantheistische Züge, die in der hellenistischen Philosophie (Stoa, Mittel- und Neuplatonismus) zu einem Monismus vertieft werden. Für die Stoa sind Gott oder der Logos immanentes Weltprinzip; der Neuplatoniker Plotin fasste Gott als das (unpersönliche) »Eine« auf, das vermittels Emanation die Welt zuinnerst konstituiert. Auch im Mittelalter finden sich starke pantheistische Strömungen (Johannes Scotus Eriugena, Amalrich von Bène, David von Dinant, Averroisten). In der Neuzeit brechen diese Tendenzen vollends durch. B. de Spinoza, der Gott als die Substanz bestimmt, die aus unendlichen Attributen besteht, identifiziert Gott und die Natur (»Deus sive natura«, »Gott oder die Natur«), wobei sich Gott (die Natur) als ursprüngliches hervorbringendes Prinzip (natura naturans) wie auch als die vorfindliche Welt (natura naturata) darstellt. F. H. Jacobi löste mit der Schrift »Über die Lehre des Spinoza. ..« (1785), in der er G. E. Lessing Nähe zum Spinozismus vorwarf, den Pantheismusstreit aus, in dem M. Mendelssohn für Lessing Partei ergriff und in der Sache einen mit der Religion vereinbaren Pantheismus vertrat. G. W. F. Hegel versteht die Natur und die menschliche Geschichte als in sich dialektische Selbstverwirklichung Gottes. Für die philosophische Dichtung der Romantik und die romantische Naturphilosophie sind die Natur und der Mensch Geschehen der Offenbarung Gottes, sein Da-Sein. Verschiedene Denker des 18. und 19. Jahrhunderts vertreten einen naturalistischen beziehungsweise materialistischen Pantheismus (P. H. T. d'Holbach, D. Diderot, W. Ostwald, E. Haeckel).
 
 
Schon die prähistorische Verehrung der göttlichen Natur als Spenderin von Leben und - später - in den Ackerbaukulturen von Vegetation und Fruchtbarkeit ist strukturell als Pantheismus zu betrachten; Ähnliches gilt für die Manavorstellungen in Gesellschaften früherer Kulturstufen. Die Hochkulturen sind zwar durch die Ausbildung des Theismus gekennzeichnet, die personalen Götter werden jedoch als aus Zeugungsprozessen der Natur hervorgegangen und von einem unpersönlichen Geschick bestimmt vorgestellt, sodass der Theismus von Pantheismus umfangen ist. Die ab Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr. entstandenen universalen Religionen führen meist den pantheistischen Ansatz fort und radikalisieren ihn zu einem Monismus. Lediglich die monotheistischen Religionen überwinden den Pantheismus, kennen aber in ihrem Binnenraum pantheistisch geprägte Strömungen (z. B. die Kabbala im Judentum). Insofern der Pantheismus eine Fülle von Phänomenen als göttlich auffasst, kann er leicht mit Polytheismen koexistieren (z. B. im Hinduismus); bisweilen kennt er auch dualistische Motive, insofern Gott zwar alles ist, die Pluralität der Welt aber als Gegensatz zum Göttlichen oder sogar als Scheinwirklichkeit empfunden wird. In neuzeitlicher und moderner Form (vielleicht auch schon in Strömungen des Hinayanabuddhismus) verbindet er sich bisweilen mit Atheismus und Materialismus. (Panentheismus)
 
 
P. Paulsen: Der moderne P. u. die christl. Weltanschauung (1906);
 Walter Schulz: Der Gott der neuzeitl. Metaphysik (61978).

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Pan|the|ịs|mus, der; - [aus griech. pãn (↑pan-, Pan-) u. ↑Theismus] (Philos., Rel.): Lehre, nach der Gott in allen Dingen der Welt existiert bzw. Gott u. Weltall identisch sind.

Universal-Lexikon. 2012.

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  • Pantheismus — Pan|the|ịs|mus , der; <griechisch> (Weltanschauung, nach der Gott und Welt eins sind) …   Die deutsche Rechtschreibung

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